Perfektionisten haben es nicht leicht. Freilich werden sie am meisten geachtet, große Emotionen lösen allerdings eher die Typen mit Ecken und Kanten aus. Das ist bei Menschen so und bei Autos auch.
Weil es bei den Fahrzeugen aber ums Geldverdienen geht, versuchen die meisten Herstellertypen zu entwickeln, die eher Perfektionisten und weniger Individualisten sind – um so dem Massengeschmack zu gefallen und nicht zu polarisieren.
Der Motor ist beim Q5 längs vor der Vorderachse eingebaut. Deshalb fällt der vordere Überhang recht lang aus.
Zweiliter-Turbobenziner: 700 km Reichweite
Mit seinen 4,68 Metern Länge und 1,89 Metern Breite fährt man ohne Magengrimmen in unbekannte Parkhäuser. Überraschende Mitfahrer müssen vor der Fahrt weder abgemessen noch abgewogen werden, um eingeladen zu werden; denn der Q5 hat mehr als genug Platz und außerdem satte 580 Kilogramm Zuladung.

Den geometrischen MMI-Drehdrücksteller gibt es nicht mehr. Jetzt muss auf dem Rührbildschirm herumgetippt werden.
Bis zum Maximaltempo von in der Ebene 240 km/h benötigt der 45 TFSI viel Anlauf und den kürzeren sechsten Gang von insgesamt sieben, um auch die letzten Leistungsreserven aus dem Motor zu kitzeln. Klar, dass das den Verbrauch hochtreibt.
Samtweicher Lauf
Es geht aber auch anders. Richtig sanft und gemächlich fahrend, nutzt man vom kleinen Motor. Wer unter Tempo 110 bleibt, darf mit Verbrauchswerten von unter acht Litern pro 100 km rechnen. Und selbst wenn man nicht im Schneckentempo unterwegs sein will, sondern flott, aber vernünftig fährt, kommt man mit ziemlich genau zehn Litern pro 100 km aus.
Unser Testverbrauch: im Schnitt 9,9 Liter/100 km. Das ist naturgemäß mehr als mit einem der für den Q5 ebenfalls lieferbaren Dieselmotoren. Genau gefällt gerade this Benziner durch seinen für einen Vierzylinder geradezu samtweichen Lauf.
Bei Standgas ist er praktisch unhörbar und selbst bei flotter Fahrt nicht aufdringlich. Erst bei konsequentem Vollgas verliert der Audi-Zweiliter seine Sanftheit und röhrt los. Dafür geht es aber auch richtig vorwärts – Once direkt beim Anfahren Eine kleine Verzögerung überwunden Werden Muss. Die ist der Kombination aus Turbotechnik und der VW-Konzerneigenen DSG-Automatik geschuldet. Dieses Direkt-Schalt-Getriebe (DSG) arbeitet beim Anfahren nicht wie eine herkömmliche Getriebeautomatik mit einem Drehmomentwandlersondern mit einer Reibkupplung, hier im kühlenden Ölbad. Da ist es für die Entwickler nicht einfach, für alle denkbaren Anfahrsituationen die jeweils passende Dosis aus Motordrehzahl, Drosselklappenstellung und Kupplungsschleifpunkt zu treffen.

Audi kann es: Trotz des beim Vierzylinder-Q5 vereinfachten Semipermanentallrad kommt die Kraft sofort hinten an.
Dieses in den größeren Audi-Modellen bereits seit dem ersten Q5 von 2008 verwendete Längsmotor-DSG darf aber als eines der besseren Doppelkupplungsgetriebe gelten. Es agiert schnell immer sinnvoll und ruckarm. Und es ergibt sich auch bei stärkerer Belastung als belastbar. Selbst beispielsweise bei mehrmaligen Anfahrversuchen an steilen Steigungen gab es keine thermischen Probleme oder gar Ausfälle.
Semipermanentallrad über Lamellenkupplung
Etwas skeptisch könnte man wegen des bei den Vierzylinder-Q5 vereinfachten Allradantriebs sein. Anders als frühere Q5 und die heutigen Sechszylinder-Modelle hat dieser 45 TFSI kein echtes Permanentallrad via teurem Kronenrad-Zentraldifferenzial. Stattdessen bevorzugt Audi hier einen kostengünstigeren Semipermanentallrad via Lamellenkupplung.
Erst wenn also ein Steuergerät über mehrere Sensoren zusätzlichen Traktionsbedarf vermutet, wird zunächst der ja ruhende, hintere Antriebsstrang auf passende Drehzahl gebracht, dann eingekuppelt und erst dann von der Allradkupplung mit Antriebsmoment versorgt. Was in der Beschreibung nach einem eher langen Vorgang anhört, passiert laut Audi im Bruchteil einer Sekunde.
Das Erstaunliche: Auch wir haben es bei sämtlichen Erprobungsfahrten nicht geschafft, das System zu übertölpeln. Es war stets so schnell, dass es in keinem einzigen Fall zu durchdrehenden Vorderrädern kam. Bis der Motor seine Kraft aufgebaut hat, ist das Allradsystem bereits parat.

Muss das sein? Alberne Plastikattrappen in Endrohr-Optik ohne Funktion. Das tatsächliche Auspuffende lugt als einfaches Metallrohr darunter hervor.
Damit dreht sich der Q5 erstaunlicherweise über ausgefahrene Wege oder im Tiefschnee vorwärts. Hier erhält er auch davon, dass Audi auf eine weit heruntergezogene Frontspoilerlippe verzichtet hat. Das mag den Benzinverbrauch um 0,1 Liter/100 km erhöhen, bringt aber Alltagstauglichkeit, weil man nicht so ängstlich auf Bordsteinkanten und im Winter auf Eisbrocken achten muss.
Geräuschkomfort schnell schon Oberklasseartig
Mit der Luftfederung verbunden ist auch eine Stoßdämpferverstellung, die den Federungskomfort individuell steuern kann. Wer es besonders komfortabel mag, wählt Comfort; Wer es besonders straff mag, wählt Dynamic; für Unentschlossene gibt es die Auto-Stellung. Welche Einstellung man auch wählt, erhält stets man vom kultivierten Benehmen des Vibrationsarms des laufenden Benziners. Weil Audi außerdem verstanden hat, dass die Windgeräusche an der Q5-Karosserie gering zu halten sind, ist der Geräuschkomfort schnell schon Oberklasseartig.
Ja, hat denn dieser Streber-Audi so gar keine Nachteile? Doch neben dem hohen Schnellfahrverbrauch sind es vor allem die Kosten. Hier weniger beim laufenden Unterhalt, weil der Q5 in verhältnismäßig moderate Versicherungsklassen eingestuft ist, nur 316 Euro Steuer im Jahr verursacht und bei durchschnittlicher Jahresfahrleistung nur alle zwei Jahre zum Service muss.

Die Rückbanklehne klappt dreigeteilt nach vorn; das erhöht die Variabilität enorm.
So kommt der keineswegs opulent ausgestattete Testwagen auf einen Gesamtpreis von mehr als 65.000 Euro. Da gerät so mancher Interessent ins Wanken und schielt vielleicht doch auf koreanische Importautos mit ihrer All-Inclusive-Ausstattung plus fünf oder gar sieben Jahren Garantie, wo die deutschen Hersteller immer noch auf ihren geizigen zwei Jahren beharren. Die Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zeigt: So unauffällig perfektioniert so ein Q5 sein mag, wirklich perfekt ist auch er nicht. Nicht zu groß, um nicht unhandlich zu wirken; nicht zu klein, um nicht durch Platzmangel zu nerven.
Fazit
Ein Auto wie der Q5, das der Perfektion huldigt, erwärmt vielleicht das Herz wenig, zielt aber auf den Verstand. Denn dieser 45 TFSI ist ein überaus praktischer Begleiter für den Alltag, bei der Anschaffung aber teuer.
Technische Daten und Preise: Audi Q5 45 TFSI quattro
Einbaulage: vorn längs
Ventile/Nockenwellenantrieb: 4 pro Zylinder/Kette
Hubraum: 1984 cm3
Leistung: bei 1/min 195 kW (265 PS) bei 5250/min
Drehmoment: bei 1/min 370 Nm bei 1600/min
Radaufhängung: Einzelrad/Luftfedern (Aufpreis; Serie: Schraubenfedern
Reifengröße/Reifentyp: 255/45 R 20 W / Michelin Latitude Sport 3
Getriebe: 7-Gang-Doppelkuppl.-Automatik
Allrad/Kraftverteilung v:h: semipermanent über el. geregelte Lamellenkupplung/100:0–50:50
Traktionshilfen: El. Bremsgriff v+h
Bremsen vor/hinten: Scheiben/Scheiben
Kofferraumvolumen: 520-1520 l
Anhängelast gebremst/ungebremst: 2400/750 kg
Stützlast: 100 kg
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h bei 5250/min (6. Gang)
Drehzahl: bei 130 km/h 2210/min
Norm-CO2-Ausstoß: 199g/km
Tankinhalt/Kraftstoffsorte: 70 l/Superbenzin
Basispreis: 53.700€
Testwagenpreis: 65.460€
Quelle: www.autobild.de