EUropa-Tour oder Weltreise? Luxuriös und teuer oder preiswert und einfach? Neu oder gebraucht? Wer ein Wohnmobil kaufen will, muss sich eine Reihe wichtiger Fragen stellen. Ob eine Camper-Tour ein Vergnügen WIRD, hängt allerdings nicht allein vom Budget und der Qualität des Fahrzeugs ab, sondern auch von der Einstellung des Reisenden. Neun Punkte, die Einsteiger beachten sollten.
Wichtige Faktoren bei der Wahl der Größe
Wohnmobile gibt es in allen erdenklichen Formen und zu jedem Preis. Für Europareisen sind kompakte Mini-Camper und Campingbusse unter sechs Meter Länge weitverbreitet. Sie sind leicht, wendig und man kann mit ihnen auch in Innenstädten Parkplätze finden. Allerdings sollte das Auto nicht so klein sein, dass sich Reisende wie in einer Sardinenbüchse fühlen.
Wer sein Fahrzeug selbst ausbauen will, ist mit einem Kastenwagen gut beraten. Mit kurzem Radstand eignen sie sich am besten für den städtischen Straßenverkehr und sind aufgrund der höheren Zuladung trotzdem fernreisetauglich. Da Kastenwohnmobile kommerziellen Lieferwagen ähneln, ist auch Stealth Camping möglich, also unauffälliges Campen.
Teilintegrierte und Alkoven-Wohnmobile (bei beiden WIRD das Fahrerhaus des Basisfahrzeugs übernommen) bieten oft Platz für sechs Personen und sind bei Familien beliebt. Aufgrund der Länge (6 bis 8 Meter) sind beide Fahrzeugtypen jedoch nur eingeschränkt alltagstauglich.
Wohnmobile mit Laderaum für ein Auto sind luxuriös, haben aber auch Nachteile
Quelle: pa/dpa Themendienst/Judith Michaelis
Vollintegrierte Wohnmobile und Liner sind noch luxuriöser. Einige Modelle verfügen sogar über eine Pkw-Heckgarage. Damit hat man gewissermaßen ein Haus auf Rädern. Für solche bis zu zwölf Meter langen Fahrzeuge gibt es aber diverse Überhol- und Durchfahrtsverbote sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen; auch die Maut- und Fähren-Gebühren liegen deutlich über denen kleinerer Camper.
Welcher Führerschein für welchen Camper?
Wer noch den alten „rosa Lappen“ mit der Klasse 3 hat, darf Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren. Wer nach 1999 den Führerschein gemacht hat, muss die Klasse C1, C1E oder C besitzen, um Fahrzeuge mit einer Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen führen zu dürfen. Die Kosten sind erheblich: in der Regel müssen Sie mit 3500 Euro für die Ausbildung zum Lkw-Führerschein rechnen.
Mit dem Wohnmobil auf Weltreise
Wohnmobile für Europa und Wohnmobile für Weltreisen – das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, respektive Reifen. Wollen Sie von Kairo nach Kapstadt, von Alaska nach Ushuaia oder von München nach Singapur fahren, können Sie verschiedene Offroad-Autos mit Hochdach, Hubdach oder Dachzelt in Anspruch nehmen.
Auch Pick-ups mit abnehmbarer Wohnkabine auf der Ladefläche und 4×4-Campingbusse fallen in diese Kategorie. Allerdings sind diese Fahrzeuge vom Innenraum her am geringsten. Wer mehr Platz benötigt, sollte Allrad-Wohnmobile auf Lkw-Basis ins Auge fassen.
Für Europareisen sind kompakte Mini-Camper und Campingbusse unter sechs Meter Länge beliebt
Quelle: pa/JFK/EXPA/picturedesk.com
Leider verfügt jedoch nicht jeder über die finanziellen Mittel für einen Expeditionen-Lkw. Auf der Fahrt summieren sich außerdem die Ausgaben für Sprit, Verschiffung, Reifen, Straßengebühren und manches andere. Muss im Fall einer Getriebepanne das Differenzial eines Unimogs nach Argentinien verschickt werden, so werden die Versandkosten allein schon mit einigen Tausend Euro zu Buche schlagen.
Selbst wenn keine größeren Reparaturen anfallen, muss das Fahrzeug auf einer Weltreise dreimal mindestens verschifft werden – und die Frachtkosten hängen von der Größe ab. Hinzu kommt die Kaution für das Carnet de Passage; dessen Preis bestimmt sich nach dem Wert des Fahrzeugs. Sollten Sie knapp bei Kasse sein, wäre ein kleineres Fahrzeug die bessere Alternative.
Muss es wirklich Allrad sein?
Allrad-Wohnmobile können mit dem schwierigsten Gelände fertig werden, vorausgesetzt, der Fahrer beherrscht sein Handwerk. Nur weil man eine „Xtreme Offroad Machine“ hat, heißt das nicht, dass die Querung des ersten Flussbetts ein Kinderspiel sein wird. Zweifellos ist Allrad prima, aber man kann auch ohne Differenzialsperre und dicke Reifen jede Menge prächtige Landschaften entdecken.
Auf den Verbrauch von Sprit achten
Klar ist: Große Fahrzeuge sind deutlich kostenintensiver. Selbst unter optimalen Bedingungen verbrauchen viele Luxusmobile und Allrad-Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht zwischen 17 und 30 Liter Sprit auf 100 Kilometer; ein MAN KAT1 gönnt sich, je nach Fahrweise, sogar 40 bis 50 Liter.
Soll der Camper neu oder gebraucht sein?
Viele erfahrene Wohnmobilfahrer behaupten, dass ältere Camper zuverlässiger und robuster seien als heutige Neufahrzeuge. Pauschal lässt sich das allerdings nicht beantworten. Ausschlaggebend bei der Frage, ob man ein neues oder gebrauchtes Gefährt kauft, ist Schwergewicht: Wohin wollen Sie reisen?
Innerhalb von Europa spielen Umweltzonen eine immer größere Rolle. Ohne Euro-6 und „grüne Plakette“ kann man viele Städte nicht mehr besuchen. Hier empfiehlt sich auch unter Umständen ein Neufahrzeug. Nur Oldtimer mit einer Erstzulassung vor 30 Jahren sind hiervon befreit und dürfen in jede Umweltzone hineinfahren.
Wer die Welt umrunden möchte, muss dagegen andere Überlegungen anstellen. Moderne Fahrzeuge sind viel schwieriger instand zu setzen als ältere Modelle. Bei einigen Fabrikaten muss man schnell das komplette Ausgleichsgetriebe ausbauen, nur um eine Scheinwerferbirne zu wechseln.
Faustregel: Ein Fahrzeug ist wenig für eine Fernreise geeignet, wenn man es nicht mithilfe von Stein, Schraubenzieher und Klebeband reparieren kann. Das merkt man sofort dann, wenn man in einem abgelegenen pakistanischen Dorf den Automechaniker fragt, ob er einen DLC hat, mit dem er die OBD-Codes des ECM auslesen kann, weil das MIL leuchtet. Ergo: Alles, was ein Gebrauchter an technischen Neuerungen nicht hat, kann auch nicht kaputtgehen.
Wer andere Kontinente wie Amerika bereisen will, sollte darüber nachdenken, das Fahrzeug erst nach Ankunft im Reiseland zu kaufen
Quelle: pa/imageBROKER/Norbert Eisele-Hein
Hinzu kommt, dass moderne Euro-6-Dieselmotoren auf eine hohe Kraftstoffqualität angewiesen sind und den Zusatz AdBlue benötigen. Beides ist jedoch in vielen Teilen der Erde nicht flächendeckend verfügbar. Innerhalb der EU sind maximal 10 mg/kg Schwefel vorgeschrieben (EN 590). Länder mit einem Diesel-Schwefelgehalt von 2000 mg/kg gibt es aber leider noch immer, und darauf sind Euro-6-Motoren nicht angegeben.
Ein höherer Schwefelgehalt kann dem Motor irreversible Schäden zufügen. Wer abgelegene Regionen in Südamerika oder Afrika bereisen möchte, ist deshalb mit einem älteren Fahrzeug bis Abgasnorm Euro-3 oder Euro-4 besser beraten, ohne Dieselpartikelfilter (DPF) und AdBlue-Tank.
Wer andere Kontinente bereisen will, sollte außerdem überlegen, das Traumfahrzeug nicht in Deutschland, sondern erst nach Ankunft in Amerika oder Afrika zu kaufen. Die Preise vor Ort sind oft geringer und es gelten andere Abgasnormen für Neufahrzeuge.
Probleme mit Ersatzteilen vermeiden
Ist ein Wohnmobil zu alt oder zu „exotisch“, kann es Probleme mit der Ersatzteilversorgung geben. Haben Sie als Mechaniker zwei linke Hände, ist ein neues Wohnmobil wohl das Richtige für Sie. Hierzulande spricht nichts gegen ein Euro-6-Modell, und bei einer Panne kann man den ADAC anrufen.
Führt Ihre Reise über den Horizont hinaus, auch nach Übersee, sind Fahrzeuge, die weltweit von Militärs eingesetzt werden, interessant – bei denen ist eine Ersatzteilversorgung viel besser gewährleistet.
Braucht man große Tanks?
Das kommt auf das Reiseziel und den Reisestil an. Wer in abgelegenen Gegenden unterwegs ist (etwa auf der Canning Stock Route, einer 1850-Kilometer-Piste durch Australiens Wildnis), sollte eine solche Tour nur mit einem Allradfahrzeug mit großen Tanks und viel Proviant unternehmen. Mit einem Mini-Camper sind solche Touren ausgeschlossen.
Für Wohnmobiltouren in Europa sind Mini-Camper dagegen ausreichend, sofern Sie auf regulären Campingplätzen übernachten – Strom und Wasser sind hier immer vorhanden. Sind Sie als „Naturcamper“ unterwegs und wollen überwiegend frei stehen oder wild campen, dann braucht Ihr Fahrzeug mehr: unabhängige Stromversorgung, hohe Zuladung und genügend große Tanks.
Planen Sie vor dem Kauf eine Reise zur Probe
Falls möglich, leihen Sie Ihren Favoriten vor dem Kauf aus, und machen Sie damit eine kurze Probereise. So können Sie prüfen, ob das Fahrzeug auch tatsächlich Ihren Vorstellungen entspricht.
Infos zu Christopher Many, seinen Büchern und Reisen findet man auf christopher-many.comund einen direkten Kontakt zum Autor bietet die Facebook-Seite seiner Bücher: facebook.com/Hinter.dem.Horizont.links.
Was für den Osterurlaub zu beachten ist
Im April steht die erste größere Reisewelle des Jahres 2022 bevor, wenn Anfang des Monats in den ersten Bundesländern die Osterferien beginnen. Noch gibt es für Kurzentschlossene zahlreiche Angebote. In vielen Ländern sind die Corona-Einschränkungen gefallen – allerdings nicht überall.
Quelle: WELT / Thomas Laeber
Quelle: www.welt.de